Der Begriff cranio-mandibuläre Dysfunktion, abgekürzt CMD ist unklar, da er nicht genau definiert ist, Funktion bedeutet „das Arbeiten, oder die Funktion eines Organs“, Dysfunktion demgegenüber heißt also gestörte Funktion.

Viele Ärzte vergleichen heute noch das Kiefergelenk mit dem Artikulator, wie hier im Bild. Ein Artikulator ist ein Gerät, welches Kaubewegungen simulieren soll, solch ein Gerät ist bei der Anfertigung von Zahnersatz hilfreich, der Vergleich mit dem biologischen System „Kiefergelenk“ hinkt aber. Dennoch gibt es zahlreiche Anhänger der Artikulator Theorie und jegliche Funktionsabweichung des Kiefergelenkes von der Artikulatorfunktion wird/wurde als Dysfunktion bezeichnet und auch therapiert, egal ob der Patient Probleme hatte oder nicht.

Die Dysfunktion des Kauapparates ist also in der Ärzteschaft nicht klar einheitlich definiert, so behandeln z.B. manche Ärzte Kiefergelenksknacken, obwohl der Patient sonst keine Probleme hat, andere Ärzte behandeln z.B. eine sogenannte Discusverlagerung. Es gibt keine guten wissenschaftlichen Arbeiten die aufzeigen würden, das Kiefergelenke die z.B. Knacken häufiger  schwerwiegende Probleme (wie Schmerzen, eingeschränkte Mundöffnung) verursachen, als solche, die nicht knacken. Auch gibt es keinen Evidenz basierten Nachweis darüber, dass der Discus – also die knorplige Platte im Kiefergelenk, eine bestimmte Position einnehmen soll. Bei vielen Menschen ist der Discus verlagert und diese sind beschwerdefrei! Wieso sollte es beim Kiefergelenk auch anders sein, als bei den anderen Gelenken des menschlichen Körpers, auch da gibt es sehr viele „Normvariationen“.

Häufig führen solche Überbehandlungen aber dazu, dass der Patient Probleme – also Schmerzen im Zuge der Behandlung bekommt. Schmerzsymptome im Kiefer-, Kiefergelenk-, Gesichtsbereich sollten besser mit dem Begriff Myoarthopathie – abgekürzt MAP, definiert werden, mehr dazu im gleichnamigen Beitrag. Kollegen, die den Begriff MAP als Definition für Schmerzen im Kiefer-, Kiefergelenk-,Gesichtsbereich verwenden‚ vertreten die Auffassung, dass viele Symptome, wie z.B. Kiefergelenksknacken, zeitlebens verminderte Mundöffnung, Abweichen des Kiefers bei Mundöffnungen (Deflexion, Deviation) und uvm. bei sonstiger Beschwerdefreiheit eine Normvariation des Gelenkes darstellen und somit nicht als behandlungsbedürftig gelten.

Demgegenüber behandeln Ärzte, die den Begriff CMD verwenden häufig Symptome, aber keine Beschwerden und dass mit uneinheitlichen und nicht Studien gesicherten Therapiekonzepten. Das für eine Erkrankung zwei unterschiedliche Diagnosen existieren ist in der Medizin nichts Seltenes. Es spiegelt die Entwicklung der Medizin, von einer rein subjektiv zu einer Evidenz basierten Therapie hin.

Die Diagnose CMD sollte Sie also nicht weiter beunruhigen, solange Sie keine Schmerzen haben und Ihre Mundöffnung schon zeitlebens vermindert ist. Zum Arzt sollten Sie gehen, wenn Sie plötzlich eintretende Veränderungen wahrnehmen, z.B. wenn Sie Ihren Kiefer von einem Tag auf den anderen nicht mehr ordentlich öffnen können, ohne ersichtlichen Grund. So ist z.B. nach Zahnarztbesuchen eine eingeschränkte Kieferöffnung häufig anzutreffen, aufgrund eines akuten Kiefergelenkergusses. Mehr dazu in den beiden CMD Videos Video 1 und Video 2.