Schmerzhafte Impfinjektionen könnten bald der Vergangenheit angehören und Impfungen so lecker wie Fruchtshakes sein. Forscher entwickelten eine orale Impfung und benutzten dafür Probiotika. In einer präklinischen Studie ließ sich bei Mäusen Immunität gegenüber einer Exposition mit Anthrax erzielen.

Besonders Kinder haben vor Impfungen häufig panische Angst. Sie fürchten den unvermeidbaren Pieks in Arm oder Po, und auch vielen Erwachsenen ist dabei nicht wirklich wohl. Weiterer Unbill droht, denn dem Stich folgen häufig lokale Impfreaktionen. Allgemeine Reaktionen wie leichtes Fieber, Abgeschlagenheit oder Kopf- und Gliederschmerzen für wenige Tage sind in der Regel nicht besorgniserregend, aber dennoch alles andere als angenehm.

Wie wäre es, Impfungen statt mit der leidigen Nadel oral zu verabreichen – und das Getränk wäre so lecker wie ein Trinkjoghurt? Hätte man zudem die Wahl zwischen verschiedenen Geschmacksrichtungen, wäre dies wohl die perfekte Impfung. An einer oralen Impfung, die eines Tages die gegenwärtige Impfpraxis ersetzen könnte, arbeitet Mansour Mohamadzadeh, Professor für Gastroenterologie der Feinberg School of Medicine in Chicago.

Er entwickelte eine neue orale Impfung und benutzte dafür Probiotika, genauer Lactobacillus acidophiles, als lebende Vehikel, die das protektive Antigen abgeben (Proceedings of the National Academy of Science).
Erste Erfolge ließen sich bereits in einer präklinischen Studie an Mäusen erzielen. Mohamadzadeh fütterte die Tiere mit einem oralen Anthrax-Impfstoff und exponierte sie anschließend Anthrax-Bakterien. 80 Prozent der Tiere überlebten, was etwa der Rate von Überlebenden entspricht, die die Impfung per Injektion erhalten. Die Immunantwort war sogar stärker und stabiler als nach Injektionen, denn die Tiere entwickelten eine überlegene T- und B-Immunität gegenüber dem tödlichen Bakterium.

Die Technologie könnte auch vor anderen Erkrankungen wirksam schützen, so Mohamadzadeh. Er entwickelt derzeit eine orale Impfung mit Probiotika gegen Brustkrebs und setzt dabei das Her2/neu Brustkrebs-Antigen ein. Dieses Protein wird von Tumorzellen produziert. Ziel ist, das Immunsystem so zu trainieren, dass es alle Zellen zerstört, die dieses Antigen produzieren. In absehbarer Zukunft soll auch ein „Multi-Tasking“-Impfstoff gegen Brust-, Darm-, und Pankreaskrebs im Mausmodell getestet werden. Für denkbar hält er daneben die Entwicklung von Impfungen gegen Infektionskrankheiten wie HIV, Hepatitis C und Influenza.

Vorteile von Impfungen mit Probiotika bestehen nicht nur im direkten Angriff des Immunsystems im Darm, sondern auch darin, dass Probiotika natürliche Immunstimulatoren und bakterielle Adjuvantien sind und den Einsatz von Chemikalien als Adjuvantien in traditionellen Impfstoffen überflüssig machen. Adjuvantien sind Hilfsstoffe, die die Immunogenität erhöhen. Chemische Adjuvantien können lokale und allgemeine Nebenwirkungen verursachen.

Die neue Impfstrategie hält Professor Terrence Barrett, Mikrobiologe und Immunologe an der Feinberg School und Arzt am Northwestern Memorial Hospital, für natürlicher als herkömmliche Impfungen. Die Applikation via Verdauungssystem ist seiner Meinung nach der logischere Weg. Der Ort, an dem das Immunsystem auf Antigene trifft und die Abwehr einfädelt, sei nun mal der Darm und nicht der Muskel, so Barrett.

Quelle: doccheck.de

Belsky Asked question 27. März 2009