–
Etwa 70 Prozent der 35- bis 50-Jährigen und über 80 Prozent der Senioren leiden in Deutschland an einer Parodontitis an mindestens einem Zahn. Allerdings sind schwere Formen der Erkrankung erfreulicherweise deutlich seltener. Diese Entzündung des zahn-umgebenden Gewebes, des so genannten Zahnhalteapparates, befällt auch den Kieferknochen und kann unbehandelt zum Zahnverlust führen. Darüber hinaus birgt die Erkrankung zum Teil gravierende gesundheitliche Risiken für den gesamten Organismus. Neben der Karies ist die Parodontitis die häufigste Erkrankung im Mundbereich. Das Tragische: Das Wissen in der Bevölkerung über die weit verbreitete Erkrankung ist in vielen Bereichen unzureichend, wie die Erhebung “Parodontitisrelevantes Wissen in der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland – Ergebnisse einer Repräsentativerhebung” des Instituts der Deutschen Zahnärzte (IDZ) jetzt erstmals dokumentiert.
Laut der Erhebung können beispielsweise mehr als 60 Prozent der rund 1.000 Befragten keine Folgerisiken der Parodontitis benennen, fast 70 Prozent erwähnen eine unzureichende Mundhygiene nicht als Risikofaktor und etwa 60 Prozent glauben, dass die Pflege der Kauflächen bei der Parodontitis im Vordergrund steht. Darüber hinaus glauben 60 Prozent, dass sich die Ent-stehung von Zahnstein nicht vermeiden lässt. Auch in puncto Zahnpflege weisen etwa ein Drittel der Bevölkerung ein unzureichendes Wissen auf. Hier wurde nach einer besonders geeigneten Zahnputztechnik und der Notwendigkeit der Zahnzwischenraumpflege gefragt. In der Gruppe der Senioren, in der die Parodontitis am weitesten verbreitet ist, sind die Wissenslücken noch gravierender.
“Die Ergebnisse der Erhebung zeigen, dass generell ein umfassender Informations- und Aufklärungsbedarf über parodontale Erkrankungen in der Bevölkerung besteht”, kommentiert Dr. Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer und Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der Sektion Zahngesundheit im Deutschen Grünen Kreuz e.V. die Ergebnisse der Erhebung.
Nach dem 45. Lebensjahr ist die Parodontitis die häufigste Ursache für den Verlust von Zähnen. Anfänglich meist schmerzlos, kann es infolge der Entzündung fast unbemerkt zu Zahnfleischtaschen durch den Abbau des Kieferknochens kommen. Anfängliche Symptome sind Zahnfleischbluten, Schwellungen und Rötungen des Zahnfleischs, Zahnfleischrückgang und in der Folge empfindliche Zahnhälse. Später kommen unangenehmer Mundgeruch und Zahnlockerungen hinzu. Zahnverlust ist die Folge. Wissenschaftliche Erkenntnisse belegen, dass eine unbehandelte Parodontitis auch ein Risikofaktor für systemische Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Atemwegserkrankungen ist und zu Komplikationen in der Schwangerschaft führen kann.
Bei diesen Erkrankungen ist eine Zusammenarbeit mit dem Hausarzt oder Internisten notwendig. Hauptursache für die Entstehung einer Parodontitis sind spezielle Bakterien im Zahnbelag (Plaque), besonders, wenn sich dieser im Übergangsbereich von den Zähnen zum Zahnfleisch und in den Zahnzwischenräumen befindet. Zudem bestimmen die körpereigenen Abwehrmechanismen den Krankheitsverlauf. Raucher haben ein besonders hohes Risiko, eine Parodontitis zu entwickeln.
Durch eine kontinuierliche, sorgfältige Zahn- und Mundhygiene zu Hause inklusive der Reinigung der Zahnzwischenräume mit Zahnseide und Zahnzwischenraumbürstchen, lässt sich das Erkrankungsrisiko deutlich senken. Ebenso wichtig sind die regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen beim Zahnarzt – am besten zweimal im Jahr.
Bei der zahnärztlichen Kontrolle lässt sich mit Hilfe des Parodontalen Screening Index (PSI) leicht feststellen, ob weitergehende parodontale Erkrankungen wie Parodontitis vorliegen. Mit dem Test kann der Zahnarzt die Entzündung schon in einem sehr frühen Stadium erkennen. Mit einer speziellen Sonde kann er Rauhigkeiten auf der Zahnoberfläche erfassen, die Blutungsneigung des Zahnfleischs feststellen und die Taschentiefe messen.
Da die Parodontitis eine chronische Erkrankung ist, ist in der Regel eine lebenslange zahnärztliche Betreuung und eine optimale häusliche Mundhygiene durch den Patienten erforderlich. Dabei ist vor allem die regelmäßige und sorgfältige Reinigung der Zahnzwischenräume mit geeigneten Hilfsmitteln wichtig. Je nach Erkrankungsrisiko können zwei bis vier Kontrolltermine beim Zahnarzt mit parodontalen Untersuchungen (Parodontalstatus) und weiteren Professionellen Zahnreinigungen im Rahmen einer unterstützenden Parodontitistherapie (Recall) notwendig sein. Darüber hinaus sollten Risikofaktoren wie insbesondere das Rauchen vermieden werden.
Individuelle Tipps für eine effektive Zahnpflege und Mundhygiene zur Vorbeugung einer Parodontitis sowie Informationen zur Behandlung geben der Zahnarzt und sein Team.
Quelle: wochenspiegel pb