S. g. Herr DDr. Belsky,
Vor sechs Jahren ließ ich mir vier Amalgamfüllungen im Seitzahnbereich (Kauflächen) durch Kunststofffüllungen ersetzen. Leider weiß ich nicht, welches Material verwendet wurde, ob Komposite oder Compomere (es war von “Kunststoff” die Rede). Die Kunststofffüllungen wurden geschichtet und die Ärztin nahm sich einiges an Zeit, doch es wurde kein Kofferdam verwendet. Bei drei Zähnen ging alles gut, doch bei einem (Nr. 6 links oben) gibt es seither Probleme. Die Füllung geht realtiv tief und betrifft auch den seitlichen Anschlussbereich zum nächsten Zahn. Zudem war der Zahn auch schon vorher jahrelang durch eine sehr exponierte Stellung im Kiefer einer großen Kaubelastung ausgesetzt (er wurde etwas zurechtgeschliffen, seiter hat sich die Kaubelastung reduziert). Nach dem Füllungswechsel war der Zahn sehr empfindlich auf Hitze, Kälte, Kauen und verursachte ziehende oder drückende Schmerzen. Auf dem Röntgen gab es keine Auffälligkeiten, von einer Wurzelbehandlung wurde mir daher abgeraten. Der Zahn erholte sich langsam, seither gibt der Zahn oft monatelang Ruhe und ist fast normal belastbar, beginnt aber manchmal aus heiterem Himmel zu rebellieren und zeigt die bekannten Empfindlichkeiten und Schmerzen (die sich bei Entlastung des Zahnes nach einiger Zeit wieder geben). Die Schmerzen sind morgens meistens besser, verschlechtern sich aber im Laufe des Tages durch Kaubelastung oder Temperatureinflüsse. Ich habe zudem eine generalisierte chronische Schmerzerkrankung, die mich sehr schmerzempfindlich macht, das betrifft auch die Trigeminusnerven. Das bedeutet eine generelle Überempfindlichkeit im Nervensystem, auch der Zahnnerven, und eine Herabsetzung der Schmerzschwelle. Manchmal kann ich auch nicht sagen, wo der Schmerz im Gesicht eigentlich herkommt, aber der 6er scheint im Zentrum der Sache zu sein. Ursache und Folge sind mir aber nicht ganz klar. Der Zahn ist noch vital und zeigte zumindest bei der letzten Kontrolle keine Auffälligkeiten im Röntgen. Es wäre mein Ziel, den Zahn lebendig zu erhalten.
Da der Zahn nun wieder schmerzt und sehr empfindlich ist: Ich überlege schon länger, die Kunststofffüllung ersetzen zu lassen. Ich habe mich im Internet ausführlich informiert und in die Thematik eingelesen, auf Ihren sehr informativen Seiten, aber auch bei anderen Quellen. Ich stehe nun vor dem Dilemma, dass ich keinen Kunststoffkleber direkt auf dem ungeschützten Dentin mehr möchte (damit fallen wohl auch Keramikinlays weg). Ich wollte Sie fragen, ob eine mit konventionellem Glasionomerzement unterfütterte Kunststofffüllung eine Lösung wäre, ob das überhaupt geht, oder ob man versuchsweise eine vorübergehende reine Glasionomerzement-Füllung machen könnte, um zu sehen, ob sich der Zahn langfristig beruhigt. Gibt es Möglichkeiten der Einbringung von Medikamenten unter eine GIZ-Füllung, um den Zahnnerv zu beruhigen? Gold bliebe als Alternative, aber da ich noch zwei Amalgamfüllungen habe, wohl derzeit auch nicht ratsam. Und ich mache mir natürlich Sorgen, dass durch neuerliches Bohren immer mehr Zahnsubstanz verloren geht, der Zahn weiter irritiert wird, und sich das Problem dadurch verschlechtert (momentan kann ich damit noch halbwegs gut zurechtkommen, aber wie lange?). Und ich mache mir doch Sorgen, dass der Zahn irgendwann abstirbt (das Problem besteht immerhin seit 6 Jahren). Gibt es überhaupt Möglichkeiten, den Kunststoff(kleber) wieder gänzlich aus dem Zahn zu entfernen? Besteht ein Unterschied zwischen Kompositen oder Compomeren bezüglich der Verträglichkeit bei sehr empfindlichen Zähnen?
Für Ihren Rat bedanke ich mich bereits jetzt sehr! Schön, dass es dieses informative Forum gibt.
36w
Sehr lieber 36!
Ich muss mich entschuldigen, häufig schieße ich über das Ziel hinaus, bin eben auch nur ein Mensch, der einmal mehr, einmal weniger “bewusst” ist und somit von seinen Emotionen getrieben. Für mich ist der Fall klar und dieses Gefühl projizierte ich in Sie, nach dem Motto: “Hey komm, Füllung raus, Keramikinlay rein und “Worst Case” dann eben eine WB vom Endodontologen und dann halt nochmals Keramikinlay” – das ist falsch, den so klar kann es für Sie nicht sein, zudem sollen Sie alles gesagte prüfen … also sorry.
Keramikinlays haben durch die Fehler vieler Kollegen einen schlechten Ruf bekommen – wie meine ich das?
Keramiken im Mund zu kleben ist sehr aufwendig,
[LIST=1]
[*]Kofferdam
[*]abdichten mit Pasten
[*]Ätzen von Schmelz, dann Dentin
[*]Desensibilisieren
[*]Primen
[*]Konditionieren
[*]Bonden
[*]Kleben mit 2 Phasen Kleber
[*]Sauerstoff inhibieren
[/LIST]
alles einzelne Schritte, die Zeit kosten. Metall kann zementiert werden, geht viel schneller – auf Druck der Menschen begannen Ärzte dann mit Keramiken zu arbeiten, denn man wollte eben Ästhetik – in den USA ca. 20 Jahre früher als in Europa. Als ich vor gut 8 Jahren mit Veneers zu arbeiten begann war ich in Wien einer der Wenigen. Zwar erzählten viele – wir machen es, aber die Zahntechniker wussten nicht genau wie, denn die wenigsten Ärzte machten das – somit war kein Bedarf da seitens der Techniker. Auch heute noch kommen immer wieder Patienten zu mir in die Ordi, die zuvor bei einem Kollegen warten, der mit Veneers auf der Homepage wirbt und dann werden dem Patienten Kronen eingeredet …
Vor kurzem redete ich mit einer Kollegin von der Uni Wien, nach wie vor werden dort Schritte ausgelassen der Klebeprozedur ausgelassen. Als ich meine Ausbildung auf der Uni absolvierte, wurde zwar schon geklebt, aber von den oben 9 Schritten nur 3 durchgeführt – der Rest wurde und wird ausgelassen, aus Unwissenheit und/oder Faulheit.
Diese Schritte sind aber schon seit gut 10 Jahren bekannt und nicht auf meinen Mist gewachsen! Ich habe aus diesem Grund die Videos tzenAirblockBonding[/URL][/B] auf checkdent gemacht, damit die Menschen ein Gefühl bekommen wie es gemacht gehört.
Viele Ärzte zementieren heute noch Keramiken (so wie Gold), viele wollen nicht nur bei der Zeit sparen, sondern auch bei den Materialien und kaufen daher billige Produkte. Das wird auch von der Industrie gefördert und so werden Chemikalien der einzelnen Schritte zusammen gefaßt – der Arzt erhält dann anstatt 3 Chemikalien alles in einer zusammen gefaßt, die schlechteren Resultate nimmt man in Kauf – Hauptsache schnell und einfach.
All das führte dazu, dass viele keramischen Arbeiten häufig “bescheiden” ausfallen und wie immer geht es nicht um MEINE Meinung. All das ist gut dokumentiert, seit Jahren bekannt und dringt erst langsam in den “zahnmedizinischen” Alltag – in diesem Fall profitierte zuerst Hollywood 🙂
Ich hoffe Sie können mit der Antwort mehr anfangen und sorry nochmal für die knappe Message zuvor … alles Gute!