Sehr geehrter Herr Dr. Belsky!
Ich war ja gestern als Begleitung für meinen Mann mit und hab mich, während Sie ihn von allen seinen Zähnen “befreiten”, endlich überwunden, einen Termin für meine Wurzelbehandlung li oben zu machen.
Muss gestehen, das waren gestern furchtbare Stunden für mich, als mein Mann da bei Ihnen in Behandlung war. Ich hab schon die Nacht davor fast nicht geschlafen – und gestern abend lagen meine Nerven blank. Als wir dann nach seiner Behandlung endlich daheim waren, konnte ich nur noch weinen, ich fühlte mich wie im Schock. Dabei geht’s ihm soweit sehr gut – und ich sollte doch stark sein und ihn unterstützen – und dann hat er mein heulendes Elend daheim… Also diese Angst, dass ich dann vor/bei meiner eigenen Behandlung nervlich zum Wrack werde, hab ich auch.
Aber dazu kommt noch Folgendes: Es ist mir nun schon 2-3 mal aufgefallen, dass beim Kauen auf der linken Seite (was ich ja eigentlich wegen Zahn oben vermeide) auch ein schmerzender Stich mit leichtem “Nachziehen” kurze Zeit links unten ist. (dieser Zahn ist noch nicht wurzelbehandelt, nur Karies entfernt) Also, es ist mir schon bewusst, dass der Zahn oben Probleme macht. Aber was, wenn ich da jetzt meine Wurzelbehandlung mache – und dann hab ich erst keine Ruh, weil der Zahn unten spinnt? Was mach ich jetzt? Dreh’ mich schon wieder mit meiner Angst im Kreis!
Liebe Grüße,
Susanne
Sehr liebe Susanne!
Soll ich zur Abkärung wegen dem Zahn li unten VOR der Wurzelbehandlung li oben (am 13. September) zu Ihnen kommen? Oder kann/soll ich das dem Dr. Mario (wenn ich mir den Namen richtig gemerkt habe) beim Termin Wurzelbeh. am 13.9. sagen? Ich dachte mir halt, wenn er ausschließlich Wurzelbeh. macht, wird er sich den Zahn unten nicht ansehen…
Ich muss mich entschuldigen, denn ich habe die Frage überlesen. Die Frage ist gut, denn ich habe die Möglichkeit im Zuge der Beantwortung gleich ein wenig zu erklären.
Natürlich können Sie dem Kollegen über Ihr Problem mit dem anderen Zahn berichten, wir alle sind Zahnärzte und können entscheiden, wie und welche Behandlung sinnvoll ist.
Die Spezialisierung bringt nur den Vorteil, dass man gewisse Arbeitsabläufe einfach häufiger macht und Sie wissen selber, alles was Sie häufig tun, bekommt eine Routine, die sich in einer besseren Qualität niederschlägt. Zudem ist die Verfolgung von Neuentwicklungen einfacher, denn man kann nicht “überall” am Ball bleiben.
Und dann hab ich eben leider wieder panisches Herzklopfen, wenn ich an den Termin am 13. denke: Die 1,5 Stunden Dauer der Behandlung allein verursachen mir Angst. Auch wenn mir Ihre Assistentin versichert hat, dass da zwischendurch auch “Pausen” durch Röntgen,… sind. Da kreist mein Kopf: Was, wenn ich meine Nerven wegwerf mittendrunter?Und einen Heul-Ausbruch krieg?
Dann ist das halt so und es wird eine Pause gemacht …
Oder mein Kreislauf W.O. gibt und ich zusammenklappe?
Sie liegen eh – dann bleiben Sie ein Weilchen länger liegen …
Und auch, dass ich meinen Mund nicht lang offen halten kann, macht mir Sorgen – nach spätestens 2-3 Min. wird das irre anstrengend – leider!
Dann bekommen Sie ein Zahnstockerl zum aufbeißen …
Kann man unter dem Kofferdam eigentlich “normal atmen und schlucken”?
Ja …
Was mache ich bloss mit meiner Angst und meinen vielen kreisenden Gedanken?
Am besten aufhören damit und einen Fuss vor den anderen setzen, der Rest geschieht von ganz alleine. Sie sehen, auf jede Frage gibt es eine Antwort und zudem noch eine Lösung. Sie werden nie alle Eventualitäten „erdenken“ können, Sie werden sich damit aber nur fertig machen. Die Gedanken an was wäre wenn – machen Sie nur fertig und bringen gar nichts. Viele steigern sich auch so rein, um ein wenig Aufmerksamkeit zu bekommen – auch das bringt nix, denn die Aufmerksamkeit, die man bekommt ist eigentlich keine und man macht sich nur das Leben schwer. Was steht hinter dem sich „rein steigern“, was ist der wahre Grund dieses „rauschens“ – ich bezeichne so den Gedankenstrom, der uns von den wahren Herausforderungen des Lebens abhält. Heute ist es eine Wurzelbehandlung, morgen ist es eine Bauchuntersuchung, übermorgen ein neues Fenster im Haus usw. Was ist der wahre Beweggrund, wieso man sich so „reinsteigert“? Nur Sie alleine wissen das, nur Sie alleine werden sich diese Frage beantworten können. In dem Moment, wo Sie beginnen werden darüber nach zu denken, wird Ihre Angst plötzlich verschwinden – Sie werden sehen.
Jetzt kann ich das ja noch wegschieben, weil der Termin noch weit weg ist, aber je näher das kommt, umso drängender werden die Gedanken. Und die schlaflosen Nächte… Und dann sitz ich zu allem Überfluß auch noch mit einem vom fehlenden Schlaf,… an allen Ecken und Enden schwachen Körper auf Ihrem Sessel und mich haut das kleinste Bakterierl um… Ich hab mir schon sooo oft in meinem Leben gewunschen, einen Schalter für mein Hirnkastel zu haben, um diese Gedanken und Bilder, die mich ja sowieso nur in eine Angstspirale reinführen, abzuschalten.
Den Schalter haben Sie, wir alle haben ihn – Sie müssen sich nur überlegen, wieso Sie diesen Schalter nicht verwenden. Wie scheint leiden Sie noch lieber, vermutlich bekommen Sie so etwas, was Sie sonst nicht bekommen, oder glauben nicht zu bekommen – in der Regel ist es Aufmerksamkeit.
Aber leider nutzt alles theoretische Wissen, wie ich mit meiner Angst umgehen könnte, nix. Mein Hirn übernimmt in solchen Situationen komplett die Macht und lässt keine anderen Bilder oder Gedanken zu…
Wer sind Sie? Ihr Hirn, Ihre Hand, Ihre Beine, Ihre Angst, Ihre Wut … das alles sind nicht Sie, das ist Ihre Rolle, Ihr Ego, Ihr Verstand. Sie sind hinter all dem, Sie sind das, was hinter Ihrem Körper, Ihrer Angst, Ihrer Wut, Ihrer Freude steht, Sie sind Bewußtsein. Sie erkennen nur noch nicht, dass Sie das Erkennen selbst sind und klammern sich an das Erkannte – an die Inhalte und sind so dem Spiel des Leben scheinbar hilflos ausgesetzt. Alles Gute!