Guten Tag,
Vergangenen Mittwoch wurde mir ein Weisheitszahn entfernt. Die Behandlung war schmerzhaft. Mein KC spritzte mich mehrmals nach, was mir zum Glück geholfen hat, denn irgendwann waren die Schmerzen weg. Am Ende musste er noch so etwas “ähnliches wie eine Zyste” aus der Wunde “graben”.
In den darauffolgenden Tagen (bis Sonntag vormittag) hatte ich Schmerzen, die ich aber mit dem Schmerzmedikament (Brufen, 600 mg) gut in den Griff bekommen konnte. Leider schaffte ich es nicht, dass AB (Augmentin) regelmässig einzunehmen, da mir davon sehr übel wurde und ich Durchfall bekam.
Am Sonntag nachmittag wurden die Schmerzen dann plötzlich schlimmer. Die Schmerzen konnte ich vorwiegend im Kieferknochen lokalisieren, es war ein ständiges Stechen, im Knochen, sowie auch an den Zähnen. Vor allen Dingen an den vorderen Schneidezähnen. “Brufen” half irgendwann auch nur noch mäßig.
Am Dienstag konnte ich kurzfristig einen Termin beim KC wahrnehmen, da ich die Schmerzen nicht mehr ausgehalten habe. Er untersuchte die Wunde, meinte aber, dass so weit alles gut aussehen würde.
Ich bin dann wieder nach Hause. Er hat mir noch zusätzlich “Novalgin” verschrieben, das ich zusammen mit “Brufen” nehmen soll. Hab ich gemacht, Schmerzen wurden wirklich etwas besser (das Ziehen vor allen Dingen), aber das “Stechen” im Knochen blieb.
Heute morgen habe ich meine Zahnärztin angerufen (mein KC hat heute und morgen frei) und hab bei ihr nachgefragt, da ich die Vermutung hatte, die Probleme könnten auch vom 47 ausgehen und nichts mit der Whz-OP zu tun haben. Der 47 wurde mir einen Tag vor der OP behandelt, also gefüllt. Meine Zahnärztin konnte das aber am Telefon ausschliessen, sie meinte, es wäre sehr sehr unwahrscheinlich, dass sich unter dem Zahn etwas entzündet haben könnte. Sie sagte mir, sie würde davon ausgehen, dass sich mein Kieferknochen entzündet hat.
Wie sehen Sie das? Kann das wirklich sein?
Liebe Grüsse,
Sonnenblume
Natürlich wollen und brauchen wir Liebe, Geborgenheit, Zuwendung, Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit. Das habe ich auch nie bestritten und mit obigen Satz wollte ich das auch nicht anzweifeln. Jeder möchte glücklich werden. ABER: den Weg, den wir dafür wählen, bzw. die Art und Weise, WIE wir zu diesem Glück kommen, den muss jeder für sich selbst finden. Die Bedürfnisse, die wir haben, sind dieselben, nur die Art und Weise wie (!) wir sie befriedigen, unterscheidet sich. Das Leben hat viele Farben, sag ich immer. Und nichts anderes meinte ich mit meiner Aussage. Das was Sie glücklich macht, muss mich noch lange nicht glücklich machen – und umgekehrt.
Weil wir Menschen sind.
Ich betone es noch einmal: Ich sage nicht, dass man sein gesamtes Leben nur noch nach Struktur und Ordnung ausrichten und Gefühl oder Spontaneität beispielsweise völlig ausblenden soll. Ein gesundes Gleichgewicht ist meiner Meinung nach wichtig. Schauen Sie sich Kleinkinder an, die in einem Elternhaus groß werden, wo es kaum Orientierung gibt, keine Regeln, sondern nur Durcheinander. Wo es keinen „roten Faden“ gibt, sondern jeden Tag andere „Gesetze“ gelten. Kinder überfordert so eine Situation meistens.
Was ich damit sagen will ist: Ich bin der Überzeugung, dass der Mensch von Natur aus ein Wesen ist, dass auf Struktur und Ordnung angelegt ist. Struktur und Ordnung ist für mich persönlich nichts anderes, als das wir versuchen, erkennbare Bezüge zu schaffen. Der Mensch braucht Orientierung und ein gewisses Maß an Konformität – wie mir scheint auch Sie. Sie orientieren sich beispielsweise an der buddhistischen Lehre (ich fasse es einfach mal grob so zusammen), welche Ihnen Halt und Sicherheit gibt.
Mit Ordnung und Struktur meine ich beiweitem nicht den „biederen Hausvater“, der um Punkt 12 sein Essen von der Mutter serviert bekommen mag, Kinder, die stocksteif am Küchentisch sitzen, um dann anschließend, um 14 Uhr die Hausaufgaben zu machen, Erwachsene, die den ganzen Tag durchgeplant haben und nie auf ihr Bauchgefühl hören.
Ich meine damit vielmehr, dass wir unserem Leben, unserem Alltag Struktur geben. Dass wir Gewohnheiten haben und pflegen – und das wir diese auch brauchen. So wie Sie auch. Sie sitzen oft immer wieder um die gleiche Zeit am PC scheint es mir. Sie scheinen es auch zu brauchen, am PC zu sitzen, Fragen von Usern zu beantworten. Auch das ist Struktur, Routine, eine Gewohnheit, die Ihnen Freude bereitet, aber mit Sicherheit auch Bestätigung in dem gibt, was Sie tun oder eben auch ein Stück weit Sicherheit bedeutet, weil Sie es kennen und wissen, wie Sie sich darin bewegen sollen. Ihre Rolle also: Herr Belsky, der Zahnarzt, Chirurg, aber auch Berater, Freund und Helfer (ich drücke es jetzt auch etwas überspitzt aus).
…oder wie soll beispielsweise der Verkehr geregelt werden oder die vielen Termine, die Sie tagtäglich in Ihrer Praxis haben bzw. wahrnehmen müssen? Auch das muss geplant werden, auch hier bedarf es einer Ordnung, einer Struktur, um den Patienten Sicherheit und Vertrauen zu gewährleisten.
Auch im zwischenmenschlichen Bereich bedarf es einer Ordnung, bzw. einer gewissen Konformität: Ich weiß, ich kann dir vertrauen. Du kannst mir auch vertrauen. Auch das ist eine Form von Struktur, von Ordnung, von Sicherheit.
Struktur und Ordnung haben für mich, ich wiederhole mich gerne, viele Gesichter. Es muss nicht dieses „biedere Gesicht“ sein, wo die Vernunft ausschließlich über das Gefühl gestellt wird. Sowas mag ich auch nicht.
Ich reagiere meiner Ansicht nach nicht wie ein kleines Kind, aber das ist wohl Ansichtssache. Tatsache ist, dass Sie mich und mein Leben nicht kennen und sich auf Grund von einzelnen Aussagen, die ich hier niedergeschrieben habe, ein Urteil über meine Person machen – und in dieser Beziehung nehme ich mir dann einfach mal das Recht heraus, zu sagen, dass mich so etwas stört. Das hat dann für mich persönlich nichts mit Unreife zu tun, sondern mit Ehrlichkeit.
Schreiben und sich über das Schreiben mit jemandem Auszutauschen ist eine tolle Sache – die aber auch gefährlich werden kann. Jeder hat seine eigene Art und Weise Wort und Sprache zu benutzen. Das kann sehr schnell zu Missverständnissen führen. Die schriftliche Sprache kennt keine Intonation, keinen Blickkontakt, keine Gestik. Sie ist einfach nur da. Schon alleine deswegen bin ich, wenn ich mich mit Leuten schriftlich auseinandersetze, immer vorsichtiger, als im normalen, „realen“ Gespräch. Denn hier kann ich das Gesagte besser ein- und zuordnen. Ich kann Blickkontakt halten, sehe Gestik und Mimik, kann eventuell gleich Nachhaken oder Fragen stellen, wenn ich das Gefühl habe, dass die Diskussion in eine komische Richtung verläuft. Man hat mehr Spielraum, als in der Schrift. Deswegen kläre ich persönliche Dinge, Konflikte oder wie auch immer, meistens lieber im persönlichen Gespräch, als anderweitig.
Was ich damit sagen will: Ich schreibe – und Sie interpretieren. Sie interpretieren generell sehr schnell. Und weisen den Leuten (bzw. mir) Rollen zu, ohne zu hinterfragen, ob das, was Sie glauben oder denken, auch richtig ist. Ich spiele den Ball jetzt zurück: „Meinem Gefühl nach zu urteilen (ich kann mich natürlich auch täuschen) pauschalisieren Sie deswegen schnell und voreilig, weil es Ihnen Angst machen würde (oder Sie unsicher würden), jemanden oder Etwas vor sich zu haben, dass Sie nicht einschätzen können, weil Sie „es“ (die Sache, oder das Individuum) nicht verstehen. Ich merke, oder glaube zu merken, dass Sie dann orientierungslos werden, Halt verlieren und deswegen „vorgefertigte, ganz klare Statement‘s zu Menschen und Ihrem Verhalten brauchen“, damit Sie sich die Welt erklären können. So erlebe ich Sie. Als einen Mann, der immer das Gefühl haben muss, sei es in zwischenmenschlichen Beziehungen oder auch anderswo, die Kontrolle zu haben – und der im richtigen Moment auf Distanz geht, um nicht verletzt zu werden. Ich erlebe Sie auch als jemanden, der eigentlich nur Gutes will, aber das Wesentliche manchmal aus den Augen verliert. Ich erlebe Sie als jemanden, der Kleinigkeiten sieht, wo andere einfach daran vorbeilaufen würden. Ich erlebe Sie als jemanden, der das Leben aufsaugt, weil er es wunderschön findet (Natur und Lebendigkeit beispielsweise), der sich manchmal aber auch vor dem Leben versteckt.. und ich erlebe Sie als jemanden, der neugierige Kinderaugen liebt und nichts lieber tut, als deren Fragen zu beantworten„ > Spielball – Ende“
Merken Sie, worauf ich hinauswill?
Zum Thema Statussymbole: Da sagen Sie mir nichts Neues. Ich bin ebenfalls der Auffassung, dass Statussymbole nicht glücklich machen, oder zumindest nicht „nur“. Ich habe mich z.B. bis über beide Ohren über meine neue Spiegelreflexkamera gefreut, die ich vor fünf Jahren geschenkt bekommen habe. Aber was wäre ich mit dieser Kamera ohne Freunde? Ohne Glück? Ohne Liebe? Gar nichts. Deswegen gilt für mich: Die Mischung macht‘s. Ich kann mich über ein neues Auto freuen und gleichzeitig über das Lachen eine Kindes. Beides ist möglich. Schwierig wird es nur, wenn man zu sehr ins Extreme geht und entweder alles kapitalistische verteufelt oder das Gegenteil davon macht.
Zum Thema Kunst: Ich kann nicht sagen, was ein wahrer Künstler ist. Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Jedenfalls hat Kunst für mich zwangsläufig nicht nur mit „Geld machen“ zu tun. Ich würde Menschen auch als Künstler bezeichnen, die kein Studium haben, die nur bei sich zu Hause ausstellen, und nicht in den großen Museen dieser Welt.
Ich mag Klimt und Hesse, oder Mapplethorpe, Max Raabe, aber ich mag genauso meine Freundin, die wunderschöne Gedichte schreiben kann. Für mich gibt es in der Kunst kein „besser“ oder „schlechter“ und ich mag es schon gar nicht, wenn der Wert eines Bildes oder eines Künstler nur mit dem Geldbetrag bemessen wird.
Wie ich geschrieben habe: Man ist was man ist – und dann in Folge darstellt. Das ist für mich Kunst. Somit sind, das stimmt, wir alle Künstler.
Ich verstehe glaube ich ansatzweise, was Sie mit dem Ausdruck meinen „nur im Jetzt“ zu leben, und ich finde diese Auffassung beiweitem nicht schlecht, lebe sie sogar selbst zum Teil aus. Aber nicht bis zur letzten Konsequenz, weil ich das a) nicht möchte und b) ich der Meinung bin, dass dies für uns Menschen auch gar nicht möglich ist. Dann müssten Sie nämlich jene Areale in unserem Gehirn, die für Erinnerung und Speicherung zuständig sind, einfach rausschnibbeln. Und was dann dabei herauskommt, sieht man wunderbar im zweiten Teil des Filmes „ Das Schweigen der Lämmer“ – kleiner Scherz am Rande 😉
Was will ich damit sagen: Natürlich ist es gut, jeden Moment seines Lebens zu genießen, nur im Jetzt zu sein, Gefühle auszukosten, bewusst „hier“ zu sein, das Leben von all seinen Blickwinkeln zu betrachten, und einen Kaugummi nicht nur als Kaugummi wahrzunehmen, sondern in Kontakt mit ihm zu gehen, um dann, in Folge, aus diesem Kaugummi einen wunderschönen Zauberberg zu machen. Der Mensch ist aber auch festgelegt, determiniert. Er hat Veranlagungen, er braucht Konformität. Das Leben, die Natur, ja fast schon alles besteht daraus. Und dann gibt es, wie bei allem, noch dieses kleine versteckte „Etwas“, dass sich nicht lenken lässt, das Chaos, das Durcheinander, jene Konformität, welche keine Konformität kennt, unser Gegenpol, das Nichts, das Wenig-Durchschaubare, das Unbegreifliche. Beides ist da – und ich bin jedes Mal auf‘s Neue fasziniert.
Nein, Sie wissen das. Oder glauben es zu wissen. Das ist ein Unterschied.
Alles Gute!
P.S. Ich hoffe, dass ich in einigen Aussagen meinerseits nicht zu persönlich oder angreifend geworden bin. Ansonsten entschuldige ich mich selbstverständlich dafür.