Eine Zyste ist ein durch ein Häutchen (Epithel) abgeschlossener Gewebehohlraum, der aus mehreren Kammern bestehen kann und meist einen flüssig/breiigen Inhalt besitzt.

Am besten stellt man sich eine Zyste wie einen Wasserballon vor, statt der Gummimembran denken Sie sich eine Schleimhaut. Zystenunterteilungen gibt es viele, z.B. kann man Zysten nach ihrer Lage in den jeweiligen Geweben unterscheiden. Zysten in Organen, in Muskeln, in Bindegewebe und/oder in der Haut sind sogenannte Weichgewebszysten. Demgegenüber grenzt man die Hartgewebszysten, also die Knochenzysten ab. Weiteres kann man die Zysten nach dem Häutchen unterteilen, also dem Epithel aus dem sie entstammen. Es existieren noch eine Reihe weiterer Unterscheidungskriterien, die genaue Taxonomie ist aber für Sie bedeutungslos – interessanter ist wieso Zysten im Kiefer wachsen und wie sie entstehen.
Während unserer Embryonalentwicklung sind verschieden Zelltypen in enger Kooperation mit der Bildung des Körpers beschäftigt. Die verschiedenen Zellen wandern an ihre Zielorte und beginnen sich dann zu den entsprechenden Spezial-Zellen wie Herzzellen, oder Nierenzellen zu transformieren. Bleiben wir bei den Zähnen, aus der rudimentären Wirbelsäule über den Kopf in die noch nicht angelegten Kieferareale wandern. Ein Teil der Zellen bilden sich später zu Knochenzellen, Zahnzellen, Nervenzellen und Muskelzellen aus. Die blauen Zellen sind die Wegweiser, sie lotsen die grünen Zellen sozusagen an den richtigen Punkt, es wäre ja dumm, würden Ihnen Zähne im Magen wachsen. Der Embryo gedeiht und wächst, immer mehr entwickelt sich daraus die menschliche Form. Wir machen nun einen kleinen Zeitsprung, unser Embryo heißt mittlerweile Andreas und hat Zahnschmerzen. Stellen Sie sich einen Zahn vor, der im Knochen verankert ist. Die Karies ist bis zum Zahnnerv vorgedrungen und führte zu einer Entzündung des Zahnnervs. Im Knochen sind Ihnen sicherlich auch die blauen Punkte aufgefallen, Reste unserer embryonalen Wegweiser – sogenannte Zellreste aus der Embryonalentwicklung.
Solche Zellreste finden sich im ganzen Körper in allen Organen verteilt. Nachdem Sie ihre Aufgabe bei der Embryonalentwicklung erfüllt haben, bleiben diese Zellen ein Leben lang in unserem Körper.
Zurück zu unserem schmerzenden Zahn, die Entzündung des Zahnes wird mit einer Wurzelbehandlung behoben, leider wird der Kanal aber nicht ordentlich aufgearbeitet, also nicht bis zur Wurzelspitze, es bleibt Restgewebe zurück. Dieses Restgewebe verursacht in weiterer Folge eine Entzündungsreaktion im Knochen, dabei können die ruhenden Embryonalzellen durch den Entzündungsreiz zum Wachstum stimuliert werden.
Die embryonalen Zellen beginnen sich aufgrund des Entzündungsreizes zu teilen und bilden eine Zyste – eine sogenannte radikuläre Zyste. Da das Zystenwachstum an sich sehr langsam verläuft, spürt Andreas auch nichts. Erst wenn akute Probleme auftreten, z.B. einer Zahnlockerung aufgrund des Knochenabbaus, oder einer Zysteninfektion, dann wird der Patient aufmerksam.
Das ist die Entstehungsbeschreibung der radikuläre Zyste, die häufigste Zystenart im Kieferbereich. Im Röntgen erkennt man diese Zysten schon sehr früh – die Röntgenstrahlen durchdringen im Zystenbereich den Knochen leichter, denn es ist ja weniger Knochen als im restlichen Kiefer vorhanden – man sieht also einen dunklen Fleck. Da Zysten meistens von selbst immer größer werden, gehören sie operativ entfernt, man spricht von einer Zystektomie.